GEW & Schüler*innen wehren sich!

Wenn es nach der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger geht, dann sollen Schulen künftig stärker auf den Krisen- und Kriegsfall vorbereiten. „Die Gesellschaft muss sich insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, erklärte die FDP-Ministerin. Weiter heißt es, Zivilschutz sei immens wichtig, „er gehört auch in die Schulen. Ziel muss sein, unsere Widerstandsfähigkeit zu stärken“. Mit sogenannten Zivilschutzübungen sollen Schüler*innen geistig wieder auf Krieg eingestimmt werden, dazu bräuchte es ebenfalls „ein unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ an Schulen.

Damit sei die Bildungsministerin „nicht nur weit übers Ziel hinaus-, sondern hat an diesem auch vorbei geschossen! kritisiert Anja Bensinger-Stolze ,Vorstandsmitglied für den Bereich Schule der Gewerkschaft Erziehung & Wissenschaft (GEW). Die Gewerkschafterin betont auf Anfrage der nordrhein-westfälischen Tageszeitung „Der Westen“, dass „Kinder und Jugendliche zu guten Demokratinnen und Demokraten zu erziehen“ die Aufgabe der Schulbildung sei. „Wehr- und Kriegsertüchtigung“ gehöre aber nicht dazu.

Selbst einigen Christdemokraten gehen die Forderungen nach Zivilschutzübungen im Klassenzimmer zu weit. Der CDU-Kultusminister in Sachsen Christian Piwartz kritisierte im MDR-Interview die Forderungen der Bundesbildungsministerin. Kinder und Jugendliche würden bereits mit Krisen und Konflikten unserer Zeit an den Schulen konfrontiert, da braucht es nicht auch noch den Ruf nach einem Wehrkundeunterricht 2.0″, wird Piwarz im MRD-Interview zitiert.

Die Schüler*innenvertretung in Nordrhein-Westfalen hat ebenfalls gegen die Forderungen der Bildungsministerin Stellung bezogen und auch in einem landesweiten Bildungsprotest zum Ausdruck gebracht. In einem Statement verwiesen die gewählten Vertreter*innen auf die großen Probleme im Schulsystem, die sie tagtäglich erfahren. Ob Lehrkräftemangel, marode Gebäude oder der spürbar hohen sozialen Ungerechtigkeit: „Anstatt Lehrkräften ihre kostbarste Ressource –Zeit– durch Besuche der Bundeswehr weiter zu rauben, sollte sich die Ministerin auf die Problematiken fokussieren, unter denen Schüler*innen wirklich leiden“, erklärt Besiana Jakupi aus dem Landesvorstand der LSV NRW. Außerdem brauche es sachliche Aufklärung statt uniformierte Propaganda. Schule sollte sich auf zukunftsorientierte Inhalte, statt auf das Werben für das Militär konzentrieren.“, so die Vertreter*innen in ihrem Statement.

Die Forderungen der FDP-Ministerin haben aber auch ihre Befürworter: Jüngst hat die bayrische Landesregierung in einem Gesetzentwurf ein Kooperationsgebot für Schulen und Universitäten mit der Bundeswehr vorgelegt, das im Notstand auch zu einer Kooperationspflicht ausgeweitet werden soll. Auch dort wehrte sich der bayrische Landesverband der GEW in einer Stellungnahme und fordert Friedensbildung statt Kooperationspflicht! Die Gewerkschaft sieht hier die Grundsätze des „Beutelsbacher Konsens“ sowie die Freiheit von Forschung und Lehre in ernster Gefahr.

Uniformierte Soldaten und die Werbung für Krieg und Kriegsdienst haben in den Klassenzimmern nichts verloren! Die GEW fordert die Landesregierung auf, entsprechende Passagen im Kooperationsabkommen zu kündigen, statt den Einsatz von Militär im Klassenzimmer noch weiter auszubauen. Gerade jetzt braucht es kritische Bildung im Sinne des Friedens, der internationalen Solidarität und der Demokratie. Dass die Bundeswehr nicht einmal davor zurückschreckt, Minderjährige zu rekrutieren, ist ein Skandal! Wir bleiben dabei: Unter 18 nie!

Martina Borgendale, Realschullehrerin und Vorsitzende der GEW Bayern
ZDF moma-Duell ‚Bundeswehr an Schulen?‘ vom 07.03.2023

In einem sehenswerten Schlagabtausch im ZDF-Morgenmagazin stellte sich jüngst Michael Schulze von Glaßer, politischer Geschäftsführer der DFG-VK und Mitglied im Bündnis „Unter 18 Nie!“, im ZDF-Morgenmagazin einem Streitgespräch mit einem Jugendoffizier der Bundeswehr. Wer über Sicherheitspolitik kontrovers an Schulen diskutieren wolle, der lade dazu besser nicht die Bundeswehr ein. Jugendoffiziere können nicht neutral unterrichten, so Schulze von Glaßer. „Man lädt ja auch nicht McDonalds ein ins Klassenzimmer, um über Ernährung zu sprechen!“. Darüber hinaus würden die vielen Milliarden Euros für Aufrüstung dringend für den maroden Bildungsbereich benötigt. Wenn öffentliche Investitionen in militärische Güter stattdessen in öffentliche Bildung investiert worden wären, würde dies ausreichen, um die Schulen des Landes in einen guten Zustand zu versetzen, so der Sprecher der deutschen Friedensgesellschaft.