Antwort von Bündnis 90/Die Grünen auf unsere Wahlprüfsteine
Als zweite Partei haben die Grünen auf unsere Wahlprüfsteine geantwortet:
1. Wird Ihre Partei sich für die Anhebung des Bundeswehr-Rekrutierungsalters auf 18 Jahre einsetzen – wie es vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und von der Kinderkommission des Deutschen Bundestages gefordert wird?
2004 hat Deutschland das Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten ratifiziert und sich damit zu einem weitreichenden Schutz von Minderjährigen verpflichtet. Der Schutz von Kindern vor Gewalt darf aber nicht nur direkte bewaffnete Auseinandersetzungen im Blick haben, sondern muss auch die Vorbereitung auf diese einschließen. Um mit gutem Beispiel voranzugehen und international glaubwürdig auftreten zu können, fordern wir GRÜNE, keine Minderjährigen für den Dienst in der Bundeswehr zu rekrutieren und dies auch gesetzlich zu verankern.
2. Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass Militärwerbung bei Minderjährigen gesetzlich verboten wird – wie es auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und die Kinderkommission des Deutschen Bundestages fordern?
Die Bundeswehr ist kein Arbeitgeber wie alle anderen. Daher können auch nicht die gleichen Maßstäbe für die Bundeswehr und andere Organisationen bzw. Unternehmen bei der Personal- und Nachwuchsgewinnung gelten. Es braucht vielmehr klare Regeln, Grenzen und Leitplanken. Einseitige Werbung, die den Dienst bei der Bundeswehr als Abenteuercamp darstellt, verbietet sich. Wir GRÜNE fordern zudem eine strikte Trennung zwischen Informationsarbeit und Nachwuchswerbung an Schulen. Während ein kritischer und ausgewogener Austausch auch an Schulen möglich sein sollte, darf es keine gezielte Anwerbung oder Indoktrination Minderjähriger geben. Gemäß dem Beutelsbacher Konsens muss bei der Informationsarbeit an Schulen auch Raum für kontroverse und zivilgesellschaftliche Ansätze und Perspektiven vorhanden sein, um eine ganzheitliche friedens- und sicherheitspolitische Aufklärung sicherzustellen.
3. Wie wollen Sie künftig den Schutz minderjähriger Soldat*innen vor sexuellen Übergriffen, körperlicher und seelischer Gewalt, Unfällen, psychischen Schäden und anderen Risiken der Soldatenausbildung gewährleisten, zu denen die Bundeswehr nach nationalen und internationalen Gesetzen verpflichtet ist?
Sexuelle Übergriffe, körperliche und seelische Gewalt und andere herabsetzende oder diskrimminierende Handlungen müssen überall – auch in den Streitkräften – geächtet und verhindert werden. Minderjährige und junge Menschen bedürfen dabei stets eines besonderen Schutzes und der besonderen Fürsorge. Voraussetzung dafür sind Präventionsleitlinien, die stetige Sensibilisierung im Rahmen der Aus-/Weiterbildung und Personalführung, die Schaffung von vertrauenswürdigen Ansprechstellen (z.B. Gleichstellungsbeaufragte) und die rasche Klärung und ggf. Sanktionierung von Vorkommnissen. Verdachtsfälle gilt es vollumfänglich und schnellstmöglich aufzuklären. Den Betroffenen ist Schutz, Hilfe und Unterstützung zukommen zu lassen.
4. Wird Ihre Partei dafür sorgen, dass Daten zur Lage minderjähriger Soldat*innen in der Bundeswehr (zu sexuellem Missbrauch, Unfällen, Gesundheit, politischem Extremismus, Kündigungen) künftig mindestens einmal im Jahr ausgewertet und veröffentlicht werden?
Die Bundeswehr verfügt über ein umfangreiches Meldewesen und ein breites Spektrum meldepflichtiger Ereignisse. Ein ehrlicher Aufklärungswille sowie eine umfassende Auswertung und Evaluation bilden die Voraussetzung, um nachzuvollziehen, wie es zu Fehlstrukturen und -verhalten, Führungsversagen, Machtmissbrauch oder extremistischen Vorfällen kommen konnte. In der Bundeswehr, in der die charakterliche Eignung aufgrund der sicherheitssensiblen Tätigkeit besondere Bedeutung haben muss, gilt es unbedingt die Aufklärung jeglicher Vorfälle (wie sexueller Missbrauch, Unfälle, Gesundheit, politischer Extremismus, Kündigungen) konsequent und transparent voranzutreiben. Nur so können Strategien zur effektiven Vermeidung entwickelt werden, Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden und Betroffene geeignete Hilfe erhalten. Eine praktizierte und gestärkte Innere Führung, verantwortungsbewusste Personalgewinnung und zeitgemäße, verbindliche politische Bildung sind ebenfalls bedeutsam.