Bonn/Stuttgart, 18.01.2021 Trotz scharfer Kritik aus dem In- und Ausland rekrutiert die Bundeswehr auch weiterhin unter 18-Jährige.

Die Kampagne „Unter 18 nie!“ kritisiert die noch immer hohe Zahl von Minderjährigen in der Bundeswehr. „Es ist zwar erfreulich, dass unsere Arbeit Wirkung zeigt und 2020 etwas weniger unter 18-Jährige ihren Dienst bei der Bundeswehr begonnen haben als in den letzten Jahren, trotzdem ist die Zahl noch immer skandalös hoch“, erklärt Sarah Gräber, Sprecherin der Kampagne.

„Unter 18 nie!“ bezieht sich auf neueste Zahlen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Norbert Müller von DIE LINKE. Demnach wurden 2020 insgesamt 1.148 Minderjährige von der Bundeswehr neu eingestellt – 773 davon als Freiwilligen Wehrdienst-Leistende und 375 als Soldaten auf Zeit. Damit ist die Zahl zwar im Vergleich zum Vorjahr gesunken, bleibt aber weiter auf einem hohen Niveau. Laut Bundesregierung waren 231 der minderjährigen eingestellten Rekruten im vergangenen Jahr Mädchen. Seit Aussetzung der Wehrpflicht hat die Bundeswehr über 14.000 Minderjährige an der Waffe ausgebildet.

Die Kampagne verweist auf die UN-Kinderrechtskonvention, die die Rekrutierung von Minderjährigen verbietet, sowie auf den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes und die Kinderkommission des Bundestags, die Deutschland wiederholt empfohlen haben, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben.

„Deutschlands Rekrutierungspraxis ist rückständig, nur noch wenige Länder weltweit rekrutieren überhaupt noch Minderjährige in ihre Armeen. Der Soldatenberuf birgt hohe Risiken, auch in der Ausbildung, der Kindesschutz ist in der Bundeswehr nicht gewährleistet, es kommt jedes Jahr zu schweren Kinderrechtsverletzungen. Minderjährige Rekrut*innen sind dem hohen Druck oft nicht gewachsen, sie brechen ihren Dienst häufig vorzeitig ab oder werden gekündigt. Es wird höchste Zeit, diese rückständige Rekrutierungspraxis zu beenden und das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben“, fordert Ralf Willinger von der Trägerorganisation terre des hommes.

Die Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen bei der Bundeswehr“ wird getragen von einem breiten Bündnis verschiedener Organisationen und Zusammenschlüsse aus den Bereichen der Friedensinitiativen, der Kirchen und der Gewerkschaften. Sie fordert die Anhebung des Rekrutierungsalters für den Militärdienst auf 18 Jahre sowie ein Verbot jeglicher Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen.

Kurz vor Weihnachten hatte unsere Campaignerin Sarah Gräber zusammen mit zwei Vertretern unserer Trägerorganisation „DFG-VK Baden-Württemberg“ die Möglichkeit, mit der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut (Die Linke) zu sprechen. Unsere Themen (die Rekrutierung Minderjähriger sowie die Bundeswehrwerbung, die sich an Jugendliche richtet) stießen bei ihr auf großes Interesse. Die Beteiligten tauschten sich über die Gefahren aus, die damit einhergehen und stimmten gemeinsam nächste Schritte ab. Wir bedanken uns bei Frau Akbulut für ihre Zeit und freuen uns darauf, künfitg mit ihr an der Erreichung unserer Ziele zu arbeiten.

Jan Ohn (Mitarbeiter von Frau Akbulut), Hedwig Sauer-Gürth und Otto Reger (Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Baden-Württemberg), Sarah Gräber (Campaignerin von Unter 18 nie! und Gökay Akbulut im Online-Gespräch.

Die Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“ verabschiedet sich bis zum 04. Januar in den Weihnachtsurlaub. Wir wünschen frohe und erholsame Festtage und einen guten Start in das neue Jahr!

Zahlen zu Minderjährigen Rekrut*innen + Gespräche mit Politiker*innen + Aktion in Manheim + Bitte um Unterstützung

Liebe Freundinnen und Freunde,

heute erhältst du den siebten Newsletter der Kampagne „Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr“! Wir möchten die Gelegenheit nutzen und dich über folgende Themen informieren:

1. Neue Zahlen: Wie viele Rekrut*innen sind nach Ablauf ihrer Probezeit immer noch minderjährig?
2. Gespräche mit Politiker*innen: Mit wem haben wir uns in den letzten Wochen unterhalten und wie ist es gelaufen?
3. Aktion im Mannheim
4. Unterstütze die Arbeit der Kampagne mit einer Weihnachtsspende


Viel Spaß beim Lesen!

Herzliche Grüße

Sarah Gräber, Campaignerin

1. Neue Zahlen: Wie viele Rekrut*innen sind nach Ablauf ihrer Probezeit immer noch minderjährig?
Letztes Jahr hat die Bundeswehr 1.705 unter 18-Jährige eingestellt. 747 von ihnen waren auch nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit noch minderjährig. Das entspricht über 43 Prozent! Das ist eine erschreckend hohe Zahl, da die Betroffenen nach ihrer Probezeit nicht einfach so kündigen können. Die neuen Informationen gehen aus der Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Abgeordneten Helin Evrim Sommer von den Linken hervor. Es ist zu befürchten, dass 2020 die Zahl sogar noch steigen wird!

„Entgegen den wiederholten Behauptungen von Dr. Peter Tauber, Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, steht die Praxis der Rekrutierung Minderjähriger nicht in Einklang mit der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen“, sagt unser Sprecher Ralf Willinger. „Ganz im Gegenteil, Kinderrechte werden regelmäßig bei der Bundeswehr massiv verletzt, beispielsweise durch Unfälle bei militärischen Übungen und Fälle von sexuellem Missbrauch und Gewalt, es gibt keinerlei Schutzmaßnahmen davor und die Bundeswehr weigert sich seit Jahren, die entsprechenden Daten zu veröffentlichen“.

Wir fordern: Die Bundesregierung muss endlich die wiederholten Aufforderungen des UN-Ausschusses für Kinderrechte umsetzen und das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre hochsetzen!

Dass die Rekrutierungspraxis der Bundeswehr in vielfacher Hinsicht gegen die UN-Kinderrechtskonvention und damit gegen das Völkerrecht verstößt, wurde zuletzt vom Menschenrechtsexperten Prof. Michael Krennerich im „Schattenbericht Kindersoldaten 2019“ belegt, den ihr auch auf unserer Webseite findet. Deutschland wird seit 2008 vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes regelmäßig kritisiert und aufgefordert, das Rekrutierungsalter auf 18 Jahre zu erhöhen – bisher leider vergeblich. Doch damit sich daran bald etwas ändert, führen wir regelmäßig Gespräche mit Politiker*innen.

2. Gespräche mit Politikern: Mit wem haben wir uns in den letzten Wochen unterhalten und wie ist es gelaufen?

Wir haben die letzten Wochen genutzt, um neue Kontakte zu Politiker*innen zu knüpfen und viele Gespräche zu führen – egal ob persönlich oder online.

Unterhalten haben wir uns mit Gyde Jensen und Matthias Seestern-Pauly sowie Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, Karl-Heinz Brunner von der SPD und Frank Heinrich von

der CDU. Alle Termine verliefen sehr erfreulich und zum Teil konnten konkrete gemeinsame Schritte verabredet werden. Wir verbuchen es als großen Erfolg, dass wir nun auch in Kontakt zu Vertreter*innen der FDP und der CDU stehen. Denn nur gemeinsam werden wir unsere Ziele erreichen können.

3. Aktion in Mannheim
Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die meisten Veranstaltungen in den letzten Wochen wieder in den digitalen Raum verschoben. Umso mehr freuen wir uns, dass das Antimilitaristische Bündnis Mannheim am 7. November 2020 in die Öffentlichkeit gegangen ist, um auf unser Thema aufmerksam zu machen und zahlreiche Unterschriften für die Petition unserer Kampagne gesammelt hat.

Es gab viele Interessierte und Diskussionswillige, die die ausgelegten Flyer unserer Kampagne mitgenommen haben und mit denen spannende Gespräche geführt wurden. Wir möchten uns herzliche beim Antimilitaristischen Bündnis Mannheim für ihren Einsatz bedanken und freuen uns natürlich über Nachahmer.

Wenn auch du aktiv werden möchtest 2021 und dafür Material und/ oder Tippst braucht, wie du das machen kannst, dann melde dich bei uns per Mail!

4. Unterstütze die Arbeit der Kampagne mit einer Weihnachtsspende
Wir würden uns sehr über deine Unterstützung in Form einer Spende freuen, damit wir im kommenden Jahr als Kampagne wieder aktiv werden können. 2020 war kein einfaches Jahr, auch nicht für uns als Kampagne. Viele geplante Aktionen konnten nicht stattfinden, doch wir haben das Beste daraus gemacht und uns beispielsweise stärker der Lobbyarbeit gewidmet. Nächstes Jahr wollen wir wieder voll durchstarten zur Bundestagswahl und hoffen dabei auf deine Unterstützung!

Bitte spende für die Kampangnearbeit auf folgendes Bankkonto:

Kampagne „Unter 18 nie!“ (Sonderkonto beim Förderverein Frieden e.V.)
DE08 | 4306 | 0967 | 4041 | 8604 | 03
Stichwort: Weihnachtsspende Unter18nie

Oder spende online per Bankeinzug oder PayPal über die Webseite des Kampagnenbüros Netzwerk Friedenskooperative:

[https://www.friedenskooperative.de/spende-unter18nie]
 

Herzlichen Dank!

Hinweis: Der Förderverein Frieden e.V. stellt am Anfang des Jahres eine Bescheinigung aus, damit die Spende steuerlich geltend gemacht werden kann.

Am 24. November haben sich Vertreter unserer Kampagne mit Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP zu einem Online-Gespräch verabredet. Wir haben uns sehr über ihre große Unterstützung gefreut und werden auf jeden Fall in Kontakt bleiben, um weiter an unseren Themen zu arbeiten.

Weitere Unterschriften für ein Ende der Rekrutierung von Minderjährigen gesammelt

Das Antimilitaristische Bündnis Mannheim ist am 7. November 2020 in die Öffentlichkeit gegangen und hat Unterschriften für die Petition unserer Kampagne gesammelt. Die Unterzeichnenden setzen sich dafür ein, dass Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer die Rekrutierung von Minderjährigen durch die Bundeswehr stoppt.

Die Aktion am Paradeplatz war ein voller Erfolg, weil viele Unterschriften gesammelt wurden und optisch auffällig eine besondere Form der Militarisierung in den Blick gerückt wurde. Denn noch immer wissen zu wenige Menschen von der derzeitigen Rekrutierungspraxis.

Es gab viele Interessierte und Diskussionswillige, die dei ausgelegten Flyer unserer Kampagne mitgenommen haben und mit den interessante Gespräche geführt wurden. Wir möchten uns herzliche beim Antimilitaristischen Bündnis Mannheim für ihren Einsatz bedanken und freuen uns über Nachahmer.

Am 10. November haben sich drei Sprecher unserer Kampagne mit dem Bundestagsabgeordneten Frank Heinrich via Zoom getroffen. Das Gespräch hatte große Bedeutung für die Kampagne, da es unser erster Austausch mit einem Vertreter der CDU war. Gemeinsam wurden konkrete nächste Schritte besprochen, über die wir in den nächsten Wochen berichten werden.

Von oben links nach unten rechts: Frank Heinrich (CDU), Christine Hoffmann (pax christi), Ralf Willinger (terre des hommes) und Maike Rolf (EAK)

Am Dienstag, den 20.10.2020, findet eine Online-Veranstaltung zum Thema „Wie und warum wirbt die Bundeswehr neue Rekrut*innen?“ statt.

Tony Schwarz von unserer Kampagne und stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen und Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete von DIE LINKE sprechen darüber, wo und mit welcher Intention die Bundeswehr um neue Rekrut*innen wirbt und auf welche Altersgruppe diese Werbung besonders abzielt. Wie werden diese Maßnahmen finanziert? Was bedeutet das für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? Was für die Entwicklung unserer Gesellschaft?

Einwahldaten:
Uhrzeit: 20.10.2020, 19 Uhr,
der Raum kann bereits 30 Minuten früher betreten werden.
Meeting-ID: 896 1879 8718, Kenncode: 890614
Link zum Zoom-Meeting:
https://us02web.zoom.us/j/89618798718?pwd=d29vZjlPZ2tuaU9rQnl4NDkrYTFHdz09

Wir haben unsere Reise nach Berlin Anfang Oktober mit einem weiteren wichtigen Termin verbunden: Einem Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Karl-Heinz Brunner von der SPD.

Brunner konnte unsere Argumente nachvollziehen und hat deutlich gemacht, dass auch er eine Bundeswehr ohne Minderjährige bevorzugen würde. Außerdem kritisierte er die Werbung der Bundeswehr, die sich gezielt an Jugendliche richtet.

Die SPD wird nach wie vor an ihrem Positionspapier festhalten, das anerkennt, das unter 18-Jährige besonderen Schutz brauchen und daher fordert, dass sie einen speziellen Status in der Bundeswehr einnehmen. So sollen sie nach Meinung der SPD bis zum 18. Lebensjahr in einem zivilen Arbeitsverhältnis stehen, ohne Dienst an der Waffe zu verrichten.

Damit die SPD in ihren Forderungen noch deutlicher wird, werden wir uns auch in Zukunft mit möglichst vielen ihrer Abgeordneten treffen. Denn unsere Erfahrung hat gezeigt: Wer sich intensiv mit unseren Argumenten auseinandersetzt kommt zum gleichen Schluss: Minderjährige gehören nicht in die Bundeswehr!

Ralf Willinger (terre des hommes), Martina Schmerr (GEW), Karl-Heinz Brunner (SPD) und Wolfgang Buff (Zentrum Oekumene) mit unserem Banner – ein klares Zeichen der Unterstützung!

Am 01. Oktober hatten Wolfgang Buff (Zentrum Oekumene), Ralf WIllinger (terre des hommes), Martina Schmerr (GEW) und Michael Schulze von Glaßer (DFG-VK) als Vertreter unserer Kampagne die Möglichkeit, mit Gyde Jensen und Matthias Seestern-Pauly von der FDP über Minderjährige in der Bundeswehr zu sprechen.

Beide Politiker waren hervorragend vorbereitet und sehr interessiert an unserem wichtigen Thema. Die offene Atmosphäre führte zu einem spannenden Austausch, der hoffentlich Einfluss auf die Gespräche innerhalb der FDP nehmen wird. Bisher hat die FDP sich nämlich noch nicht geschlossen zu der Problematik geäußert. Umso wichtiger war es, dass wir nun zum ersten Mal persönlich mit Abgeordneten der Partei sprechen konnten. Und es wird sicher nicht das letzte Mal gewesen sein.

Wolfgang Buff, Martina Schmerr, Ralf Willinger und Matthias Seestern-Pauly nach dem Treffen – natürlich mit dem nötigen Mindestabstand.